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WIPO Arbitration and Mediation Center

 

ENTSCHEIDUNG DES BESCHWERDEPANELS

International Organization for Standardization ISO v. Peter Rentschler

Verfahren Nr. D2006-1021

 

1. Die Parteien

Beschwerdefьhrerin ist die International Organization for Standardization ISO, Genf, Schweiz.

Beschwerdegegner ist Peter Rentschler, Sindelfingen, Deutschland.

 

2. Domain Namen und Domainvergabestelle

Gegenstand des Verfahrens sind die Domainnamen <iso-certificate-register.com>, <iso-12207.com>, <iso-15288.com>, <iso-19770.com>,<iso-27000.com>, <iso-27002.com>, <iso-27003.com> und <iso-27004.com>.

Der die streitgegenstдndlichen Domainnamen verwaltende Registrar ist Schlund + Partner AG.

 

3. Verfahrensablauf

Die Beschwerdeschrift ging beim WIPO Arbitration and Mediation Center (kurz: Center) am 11. August 2006 per Email und am 15. August 2006 per Post in englischer und deutscher Sprache ein. Am 14. August 2006 bestдtigte der Registrar, dass der Beschwerdegegner Inhaber der streitgegenstдndlichen Domainnamen ist.

Am 17. August 2006 hat das Center die Beschwerde an den Beschwerdegegner ьbermittelt; die Beschwerdeerwiderung wurde am 2. September 2006 per Email und am 14. September 2006 per Post ьbermittelt; die Eingangsbestдtigung der Beschwerdeerwiderung erfolgte mit 12. September 2006.

Am 25. September teilte das Center mit, dass es Peter Burgstaller fьr das Beschwerde-Panel (kurz: Panel) bestellt und dieser die Unbefangenheits- und Unabhдngigkeitserklдrung abgegeben hat. Als Frist fьr die Entscheidung wurde vom Center der 9. Oktober 2006 festgesetzt.

Am 19. September 2006 erstattete die Beschwerdefьhrerin eine nicht aufgetragene, ergдnzende Eingabe, die dem Panel am 29. September 2006 per Post ьbermittelt wurde.

Die Sprache des Beschwerdeverfahrens ist Deutsch.

 

4. Sachverhalt

Die Beschwerdefьhrerin wurde 1947 als gemeinnьtzige Nichtregierungsorganisation gegrьndet. Sie stellt eine Vereinigung weltweiter Normungsorganisationen dar, deren Mitglieder aus 157 Lдnder stammen. Ziel der Beschwerdefьhrerin ist die weltweite Fцrderung und Weiterentwicklung der Normung und der damit verbunden Tдtigkeiten zur Erleichterung und Fцrderung des internationalen Waren- und Dienstleistungsaustausches.

Die Beschwerdefьhrerin verfьgt ьber eine Vielzahl von Marken, die insbesondere die Kurzbezeichnung „ISO“ beinhalten (Anlage 10). Der Markenschutz geht dabei zurьck bis ins Jahr 1953 (Schweiz, Registrierungsnummer 169541) und umfasst insbesondere die Waren- und Dienstleistungsklassen 16, 35, 38, 41 und 42 des Nizzaer Klassifikationsabkommens.

Am 8. Juli 2005 hat die Beschwerdefьhrerin den Beschwerdegegner ьber ihre Rechte und Marken informiert und die Unterlassung der Nutzung der Marke „ISO“ gefordert.

Der Beschwerdegegner ist Inhaber der streitgegenstдndlichen Domains und verwendet diese auch. Die Registrierungen der strittigen Domainnamen erfolgten am 17. Juni 2005, 12. Mдrz 2006, 24. April 2006 und 17. Mai 2006.

 

5. Parteivorbringen

A. Beschwerdefьhrer

Die Beschwerdefьhrerin trдgt vor, dass die streitgegenstдndlichen Domainnamen mit der berьhmten Marke „ISO“ verwechslungsfдhig дhnlich sind – die generischen bzw beschreibenden Zusдtze zum Zeichen „ISO“ дndern daran nichts. Der prдgende Teil der strittigen Domainnamen ist und bleibt „ISO“.

Der Beschwerdegegner hat darьber hinaus kein Recht oder legitimes Interesse an der Verwendung der streitgegenstдndlichen Domainnamen: Zum einen bestehen keine wie immer gearteten vertraglichen Beziehungen zwischen den Streitteilen und zum anderen ist der Beschwerdegegner nicht unter den streitgegenstдndlichen Domainnamen allgemein bekannt. Das Gegenteil gilt aber fьr die Beschwerdefьhrerin, die aufgrund der Verwendung der gegenstдndlichen Domainnamen durch den Beschwerdegegnern mit Verwдsserungen ihrer berьhmten Marke und Irrefьhrungen am Markt konfrontiert ist.

Aufgrund der Berьhmtheit der Marke „ISO“, musste dem Beschwerdegegner im Zeitpunkt der Registrierung der streitgegenstдndlichen Domainnamen die Rechtsverletzung bekannt sein. Dies ergibt sich letztlich auch daraus, dass der Beschwerdegegner trotz Abmahnung am 8. Juli 2005 im Jahr 2006 weitere Domainnamen mit dem prдgenden Bestandteil „ISO“ registrierte.

Indem der Beschwerdegegner versucht Internetuser ьber die berьhmte Marke der Beschwerdefьhrerin auf seine Websites umzuleiten, handelt der Beschwerdegegner bцsglдubig im Sinne des § 4(b)(iv) UDRP.

Insgesamt verwirklicht der Beschwerdegegner damit den Tatbestand des cybersquatting in Hinblick auf alle streitgegenstдndlichen Domainnamen, weshalb diese auf die Beschwerdefьhrerin zu ьbertragen sind.

B. Beschwerdegegner

Der Beschwerdegegner bestreitet sowohl die verwechslungsfдhige Дhnlichkeit, insbesondere aufgrund des Inhalts der unter den Domainnamen angebotenen Websites – der Beschwerdegegner bietet nдmlich keine Dienste so wie die Beschwerdefьhrerin an. Der Domainname <iso-certificate-register.com> liegt ьberhaupt auЯerhalb des Geschдftsfeldes der Beschwerdefьhrerin.

Der Beschwerdegegner, von Beruf Journalist, beruft sich darьber hinaus auf die Meinungsfreiheit, weil er unter den streitgegenstдndlichen Domains, ohne kommerzielle Absicht, lediglich Informationen anbietet; eine derartige Information ist stets zulдssig.

Auf der Startseite wird im Ьbrigen auch darauf ausdrьcklich hingewiesen, dass der Beschwerdegegner nichts mit der Beschwerdefьhrerin zu tun hat.

Insgesamt liegen daher die von der UDRP geforderten Voraussetzungen fьr eine Ьbertragung nicht vor.

 

6. Entscheidungsgrьnde

A. Formale Entscheidungsgrundsдtze

Die nicht aufgetragene, ergдnzende Eingabe der Beschwerdefьhrerin vom 19. September 2006 wird vom Panel nicht akzeptiert, und zwar aus folgenden Grьnden:

Zum einen legt die Beschwerdefьhrerin nicht dar, warum die in dieser ergдnzenden Eingabe vorgetragenen Aspekte, soferne sie neu sind, nicht bereits in der Beschwerde vorgetragen werden konnten: das UDRP-Verfahren ist vom Grundsatz der Effizienz geprдgt – die Zulдssigkeit ergдnzender Stellungnahmen soll daher restriktiv gehandhabt werden. Wenn eine ergдnzende Stellungnahme akzeptiert wird, dann gebietet es in jedem Fall das Recht auf Gehцr und ein faires Verfahren, dass dazu auch die Gegenseite die Mцglichkeit zur Replik erhдlt.

Zum anderen liegt aus der Sicht des Panels „Spruchreife“ vor, sodass eine ergдnzende Stellungnahme der Beschwerdefьhrerin fьr die Entscheidungsfindung nicht mehr erforderlich war.

B. Materielle Entscheidungsgrundsдtze

Paragraph 4(a) der Richtlinie fьhrt drei Tatbestandsvoraussetzungen auf, deren Vorliegen die Beschwerdefьhrerin nachweisen muss, um den geltend gemachten Anspruch auf Ьbertragung der streitgegenstдndlichen Domainnamen zu begrьnden:

(1) der streitgegenstдndliche Domainname muss mit einer Marke, aus welcher der Beschwerdefьhrer Rechte herleitet, identisch oder verwechslungsfдhig дhnlich sein;

(2) der Beschwerdegegner darf weder Rechte noch ein berechtigtes Interesse an dem Domainnamen haben; und

(3) der Domainname muss vom Beschwerdegegner bцsglдubig registriert worden sein und benutzt werden.

ad 1. Identitдt oder verwechslungsfдhige Дhnlichkeit zwischen dem Domainnamen und der Marke, aus welcher der Beschwerdefьhrer Rechte herleitet (Paragraph 4a(i) der Richtlinie)

Das Erfordernis der Identitдt und der verwechslungsfдhigen Дhnlichkeit gemдЯ Paragraph 4(a) der Richtlinie ist nach der Entscheidungspraxis der Panels, anders als im Markenrecht, unabhдngig von der Produktдhnlichkeit, den Marketingkanдlen und дhnlichen Faktoren zu beurteilen, sondern setzt lediglich voraus, dass zwischen Marke und streitgegenstдndlichem Domainnamen in phonetischer, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht Ьbereinstimmungen bestehen (vgl. WIPO Verfahren Nr. D2003-0038 – <legoclub.com>; WIPO Verfahren Nr. D2000-0109 – <gate-way.com>; WIPO Verfahren Nr. D2002-0834 – <vanguad.com>).

Ausgangspunkt fьr die Prьfung der Identitдt bzw. verwechslungsfдhigen Дhnlichkeit in diesem Sinne ist dabei allein die Second-Level-Domain, wдhrend die Top-Level-Domains „.com“, „.net“, „.org“ aufgrund ihrer von den Nutzern erkannten, technisch-funktionalen Bedeutung bei der vergleichenden Gegenьberstellung auЯer Betracht bleiben.

(a) Domainnamen <iso-12207.com>, <iso-15288.com>, <iso-19770.com>, <iso-27000.com>, <iso-27002.com>, <iso-27003.com> und <iso-27004.com>:

Nach den vorgenannten Grundsдtzen sind die obzitierten Domainnamen mit der Marke „ISO“ der Beschwerdefьhrerin verwechslungsfдhig дhnlich.

Im Konkreten vermag nдmlich der Zusatz einer Zahl die Verwechslungsfдhigkeit nicht zu beseitigen. Der kennzeichnende Teil der strittigen Domainnamen ist „ISO“; dem Zahlen-Zusatz kommt kein prдgender Einfluss auf den Gesamteindruck zu. Dies trifft aus der Sicht des Panels im Konkreten um so mehr zu, als die Marke „ISO“ nicht nur in Europa, sondern weltweit Bekanntheit und Berьhmtheit genieЯt; unbeachtlich ist dabei, ob die angefьgte Zahl tatsдchlich eine konkrete/existente Norm darstellt oder nicht.

(b) Domainname <iso-certificate-register.com>:

Das Panel kommt auch in Bezug auf den Domainnamen <iso-certificate-register.com> zu dem Schluss, dass eine verwechslungsfдhige Дhnlichkeit mit der Marke „ISO“ vorliegt. Auch bei diesem Domainnamen wird der prдgende Teil „ISO“ durch rein beschreibende Wцrter ergдnzt, die aus Sicht des Panels keinen Einfluss auf den Gesamteindruck und den prдgenden Teil „ISO“ im Domainnamen haben.

ad 2. Rechte oder berechtigte Interessen an dem Domainnamen

Die Gewдhrung eines Ьbertragungsanspruches oder Lцschungsanspruches setzt gemдЯ Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie weiter voraus, dass sich der Domaininhaber nicht auf ein eigenes Recht oder berechtigtes/legitimes Interesse an dem Domainnamen berufen kann. Paragraph 4(c) der Richtlinie zдhlt beispielhaft und nicht abschlieЯend drei Umstдnde auf, die als Nachweis eines Rechts oder berechtigten Interesses genьgen. Ein Recht oder berechtigtes Interesses im Sinne des Paragraph 4(a)(ii) der Richtlinie soll danach insbesondere dann vorliegen, wenn unter Wьrdigung aller vorgetragenen Beweismittel festgestellt wird, dass

(a) der Domaininhaber den Domainnamen oder einen diesem entsprechenden Namen vor Anzeige der Streitigkeit fьr ein gutglдubiges Angebot von Waren oder Dienstleistungen verwendet oder eine solche Verwendung nachweislich vorbereitet hat,

(b) der Domaininhaber allgemein (als Einzelperson, Unternehmen oder andere Organisation) unter dem Domainnamen bekannt ist, selbst wenn er eine Marke nicht erworben hat, oder

(c) der Domaininhaber den Domainnamen in berechtigter nichtgewerblicher oder sonst anerkennenswerter Weise ohne Gewinnerzielungsabsicht und ohne den Willen, Verbraucher in irrefьhrender Weise abzuwerben oder die fragliche Marke zu verunglimpfen, verwendet.

Im Konkreten hat der Beschwerdegegner insbesondere vorgetragen, dass er die Domainnamen ohne Gewinnerzielungsabsicht verwendet, keinerlei fьr die Marke „ISO“ nachteiligen Gebrauch macht, darauf hinweist, dass er mit der Beschwerdefьhrerin nicht in Zusammenhang steht und er daher insbesondere aufgrund der Meinungsfreiheit auch berechtigt ist, die Domainnamen zu verwenden. Das Panel hдlt unter Wьrdigung der dazu vorgelegten Beweise folgendes fest.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdegegner von der Beschwerdefьhrerin keine Rechte zur Verwendung der Marke „ISO“ erhalten hat.

Das Panel fьhrte eine eigene Recherche in Bezug auf die angebotenen Links auf der Website unter dem strittigen Domainnamen <iso-27000.com> durch, um mehr Informationen zum Vortrag der Streitteile zu erhalten (so zum Beispiel das Panel in WIPO Case No D2002-0070, D2002-1038 oder D2000-0014) und kommt zu folgendem Schluss:

Auf der Website, abrufbar unter <iso-27000.com> wird ein Link auf <consuvation.de> bereitgestellt; auf der unter dieser Domain bereitgehaltenen Site werden Dienstleistungen angeboten, insbesondere auch in Zusammenhang mit ISO-Normen. Inhaber des Domainnamens <consuvation.de> ist die „PR Unternehmensberatung“ in Sindelfingen und AdminC der Beschwerdegegner. Die Abkьrzung „PR“ deutet zudem auf den Beschwerdegegner („Peter Rentschler“) hin, der ganz offensichtlich auch eine Nahebeziehung zur Firma Consuvation GmbH, die einerseits Namensgeberin fьr die Domains <consuvation.de> bzw <consuvation.com> und andererseits Domaininhaber von <iso-19770.com> ist, hat.

Insgesamt ist das Panel daher der Ansicht, dass der Beschwerdegegner letztlich sehr wohl in kommerzieller Absicht die strittigen Domainnamen verwendet, fцrdert er doch letztlich den Wettbewerb von Personen, die unter consuvation.de Dienstleistungen anbieten, insbesondere die Firma PR Unternehmensberatung.

Aus diesen Grьnden geht das Panel davon aus, dass der Beschwerdegegner keine legitimen Interessen geltend machen kann, die die strittige Domainnamensverwendung rechtfertigen wьrden. Voraussetzung dafьr wдre nдmlich insbesondere „fair use“ und „non-commercial use“ (vgl WIPO Case No D2000-0190, D2004-0136, D2000-0477 uvm). Beides liegt nach Ansicht des Panels nicht vor.

ad 3. Bцsglдubige Eintragung und Benutzung

Damit eine Beschwerde Erfolg haben kann, muss das Panel weiterhin ьberzeugt sein, dass der Domainname bцsglдubig eingetragen wurde und bцsglдubig benutzt wird. Das Panel geht aus folgenden Grьnden davon aus, dass die sowohl eine bцsglдubige Eintragung als auch Benutzung durch den Beschwerdegegner vorliegt:

Der Beschwerdegegner kannte die Marke „ISO“. Die Auswahl, Registrierung und Verwendung von Domainnamen, die mit der Marke „ISO“ verwechslungsfдhig дhnlich waren, erfolgte in der Absicht die Bekanntheit und/oder den guten Ruf der Marke „ISO“ auszunutzen, und zwar indem durch Links der Zugriff auf kommerzielle Sites angeboten wurde.

Auch ein allfдlliger „Disclaimer“, so wie vom Beschwerdegegner behauptet (Anlage 3), kann daran nichts дndern, kцnnte doch ansonsten jede rechtswidrige Domainnamens-Verwendung gerechtfertigt werden. Der Disclaimer gem Anlage 3 weist zudem ein Datum auf (19. September 2006), zu dem die gegenstдndliche Beschwerde lдngst eingereicht war.

Die Absichtlichkeit der Registrierung wird nach Ansicht des Panels auch dadurch verstдrkt, dass der Beschwerdegegner trotz Abmahnschreiben der Beschwerdefьhrerin vom 8. Juli 2005 (Anlage 22) die Domainnamen <iso-12207.com>, <iso-certificate-register.com> und <iso-15288.com> registriert hat (Anlage 1).

 

7. Entscheidung

Aus den vorgenannten Grьnden ordnet das Panel in Ьbereinstimmung mit Paragraph 4(i) der Richtlinie und Paragraph 15 der Verfahrensordnung an, dass die Domainnamen <iso-certificate-register.com>, <iso-12207.com>, <iso-15288.com>, <iso-19770.com>, <iso-27000.com>, <iso-27002.com>, <iso-27003.com> und <iso-27004.com> an die Beschwerdefьhrerin zu ьbertragen sind.


Peter Burgstaller
Einzelpanelist

Datum: 12. Oktober 2006

 

Источник информации: https://internet-law.ru/intlaw/udrp/2006/d2006-1021.html

 

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